Resozialisierung im Strafvollzug

Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, spricht Bekanntes kolumniszierend aus:

Ich halte es für unerträglich und verlogen, dass, wie, in welchem Ausmaß und mit welch merkwürdiger Energie verantwortliche Politiker und Verwaltungen seit vielen Jahren das gesetzlich verankerte Strafvollzugsziel der Resozialisierung missachten und in sein Gegenteil verkehren, um populistischen Stimmungen gerecht zu werden. Der Strafvollzug ist erbärmlich ausgestattet, ineffektiv und reformbedürftig. Stattdessen hat sich der Bund aus der Verantwortung verabschiedet; die Länder machen die Standards, wie sie wollen. Wenn die Resozialisierung „nicht klappt“, werden irgendwelche Strafen erhöht oder notfalls Minister entlassen. Dabei wäre es nach ganz einhelliger Meinung aller Sachverständigen einfach nur erforderlich, die eingesetzten Personalmittel zu verdreifachen. Die gesellschaftlichen Kosten wären wesentlich niedriger als heute, der Nutzen evident.

Quelle: Zeit Online
Deckt sich im Wesentlichen mit meinen Erfahrungen aus dem Knast.

10 Jahre Föderalismusreform in der Strafvollstreckung – „Ein falscher Schritt“

In der Strafvollsteckung gilt: Allein die Bundesländer und nicht mehr der Bund sind für den Strafvollzug zuständig. Jedes Bundesland kann seine eigene Vorstellung zum Vollzug unbedingter Freiheitsstrafen umsetzen.

In Bayern gilt, vereinfacht ausgedrückt der Grundsatz:

Sperrt diese Straftäter weg und lasst sie am besten nie wieder raus.

Das ehemalige Vollstreckungsziel der Resozialisierung durch den Vollzug von Freiheitsstrafe steht nur noch einer nachgeordneten Stelle.

Wer aus dem Gefängnis entlassen wird, ist oft wieder bald drin.

Die aktuelle bundesweite Rückfalluntersuchung des Bundesjustizministeriums bestätigt: Jeder zweite Straftäter wird innerhalb von neun Jahren wieder rückfällig.

Das bedeutet: die Resozialisierung funktioniert nicht.

Dabei wurde sie per Bundesgesetz 1977 als oberstes Ziel des Strafvollzugs festgelegt. Das änderte sich jedoch im Jahr 2006 im Zuge der Föderalismusreform. Seither ist die Regelung des Strafvollzugs Ländersache. 14 von 16 Bundesländern haben nun ihre eigenen Regelungen.

Weblink: BayStVollzG

Die meisten Länder änderten den Fokus, weg von der Resozialisierung hin zum Schutz der Allgemeinheit. „Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden“, sagt Kriminologe Helmut Kury. „Aber ewig wegsperren kann auch nicht die Lösung sein.“

Ob ein Strafgefangener auf seine Entlassung aus dem Strafvollzug vorbereitet wird ist reine Glückssache. Der Strafvollzug sollte wieder Sache des Bundes werden. Doch der Strafvollzug ist nicht Gegenstand der öffentlichen Diskussion und deshalb politisch uninteressant.

„Die Justiz will einfach nicht über ihre Grundlagen nachdenken“, sagt JVA-Leiter Galli. Er ist nicht gegen Bestrafung im Allgemeinen. Es geht ihm um das Wie. Obwohl Galli als Anstaltsleiter selbst Teil des Systems ist, spricht er sich gegen die reine Verwahrung von Gefangenen aus. Diese These vertritt er auch in seinem Buch. Was die Justizministerien davon halten, haben sie deutlich gemacht. Seine Lesungen in JVAs in Sachsen und Bayern sagten die zuständigen Behörden kurzfristig ab.

Der Staat gibt für den Strafvollzug jährlich etwa vier Milliarden Euro aus. Viel Geld, vor allem wenn das oberste Ziel misslingt: die Resozialisierung.

Das bayerische Justizministerium weist diesen Vorwurf zurück. „Übergangsmanagement“ nennen sie ihren Beitrag zur Resozialisierung der Gefangenen, also die Vorbereitung auf die Entlassung aus der JVA.

 

 

 

JVA – Her mit dem Methadon

Foto: Wolfgang Widemann
Foto: Wolfgang Widemann

– EGMR zur Drogen-Substitution im Strafvollzug –

Deutschland hat gegen die Menschenrechte eines heroinabhängigen Häftlings verstoßen, indem ihm in einem Gefängnis in Bayern über Jahre ein Drogenersatzstoff wie Methadon verwehrt wurde. Konkret hat die bayerische Justizverwaltung gegen Menschenrechte verstoßen.

Die Überwindung der Drogensucht ist auch im Strafvollzug ein wichtiges Vollzugsziel.

Aber wie?

Im bayerischen Vollzug – sei es in Untersuchungs- oder Strafhaft – war bisher die ärztlich überwachte Substitution (mit Methadon) die seltene Ausnahme. Und die den Vollzug kontrollierende Strafgerichtsbarkeit bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht haben dies bislang widerspruchslos hingenommen. Es sieht so aus, als ob die Nichtverabreichung von Methadon an schwerstabhängige Gefangene – menschenrechtskonform – der Vergangenheit angehört.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 01.09.2016 im Fall Wenner v.Germany entschieden, dass die Verweigerung der Substitution im Fall Wenner einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK (Verbot der Folter oder anderer unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe) darstellt.

weblink: ERMK

Diese Entscheidung stellt eine schallende Ohrfeige für den bayerischen Vollzug dar. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK wurde gegenüber Deutschland nur sehr selten festgestellt. Das Gericht hat sich nicht auf die Frage eingelassen, ob Substitution zwingend erforderlich ist. Es hat sich, juristisch vorsichtig, darauf beschränkt, zu sagen, dass man diese Frage nicht genügend aufgeklärt hat. Schon darin liegt eine unmenschliche Behandlung.

In der JVA Würzburg haben sich Gefangene mit einem Hungerstreik für bessere Zustände im Gefängnis eingesetzt. Die Würzburger Häftlinge forderten unter anderem ein Methadonprogramm und die Lockerung der Arrestbedingungen für Gefangene, die sich im Drogenentzug befinden. Die JVA Würzburg hält im übrigen bei den Bunkerstrafen in Bayern den Rekord. Nach elf Tagen wurde der Hungerstreik abgebrochen.

Sollte das Urteil bestandskräftig werden, hat es große Bedeutung für die Behandlung von Gefängnisinsassen. Die Verweigerung der Behandlung mit Ersatzdrogen, wie in Bayern und anderen Bundwsländern üblich,  dürfte ohne Einzelfallprüfung durch die JVA der erfolgreichen gerichtlichen Anfechtung unterliegen. Mit der bayerischen Bierruhe (!) hat es dann wohl ein Ende.

Strafvollstreckungskammer von Innen

Ein Berliner Strafrichter berichtet unter anderem von seiner Erfahrung aus der Strafvollsteckungskammer.

„Ulf ist Richter in Berlin und zwar ein ziemlicher ungewöhnlicher. Er engagiert sich im Chaos Computer Club, entwickelt Software und schreibt für netzpolitik.org. Nicolas fragt ihn, wie es ist, Menschen zu verurteilen und über Recht und Unrecht zu entscheiden. Ulf gibt außerdem Einsicht in das Leben von Gefängnisinsassen und in die allgemeinen Anforderungen an den Beruf des Richters.“

Ich kann niemanden raten, sich mit seinem Gefängnis anzulegen.

Mehr Platz im Hühnerkäfig

Sind 4 qm Haftraum für einen Strafgefangenen genug?

Einem Häftling, der wegen seiner Meinung nach menschenunwürdigen Haftbedingungen gegen den Freistaat Bayern vor Gericht gehen will muß nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Verfahrenskostenhilfe für seinen Schadensersatzprozess bewilligt werden.

Der Mann befand sich mit drei weiteren Gefangenen über einen Zeitraum von etwa sechs Monaten in Strafhaft. Er behauptete, in zwei identisch beschaffenen Hafträumen untergebracht gewesen zu sein, die jeweils eine Gesamtgrundfläche von 16 Quadratmeter und eine vom übrigen Haftraum baulich abgetrennte Toilette aufgewiesen hätten. Unter Berufung auf menschenunwürdige Haftbedingungen beantragte er die Bewilligung von PKH für seine Schadenersatzklage gegen den Freistaat.

Die Frage ab wann die räumlichen Verhältnisse in einem Haftraum die Menschenwürde eines Gefangenen verletzten ist bis heute höchstrichterlich nicht geklärt.

Menschenrecht verletzt?

So setzt die obergerichtliche Rechtsprechung – wie das Oberlandesgericht München selbst herausstellt – bei mehrfach belegten Hafträumen zum Teil Regelwerte von 6 qm, zum Teil auch von 7 qm Bodenfläche pro Gefangenen an. Deren Unterschreitung wird zum Teil als Verletzung der Menschenwürde beurteilt, wenn zugleich die Toilette nicht abgetrennt beziehungsweise nicht gesondert entlüftet ist. In anderen Fällen haben Fachgerichte eine Verletzung der Menschenwürde unabhängig hiervon allein wegen der Unterschreitung eines gewissen Bodenflächenmaßes bejaht. Die räumliche Enge erlaube eine Bewegung und Entfaltung der Gefangenen nicht.

Die Oberlandesgerichte Hamm und Düsseldorf setzen einen fixen Schwellenwert von 5 qm Grundfläche pro Gefangenen an, dessen Unterschreitung ungeachtet anderer Parameter eine Menschenwürdeverletzung darstellt.

Bezüglich der Unterbringung in einem Einzelhaftraum hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin eine längere Unterbringung in einem 5,25 qm messenden Einzelhaftraum ohne abgetrennte Toilette als Verstoß befunden. Es hat das Hauptaugenmerk auf die beengte Haftsituation gelegt.

Somit ist nicht geklärt, dass und unter welchen Umständen eine Haftraumfläche wie hier von etwa 4 pro Mitinsasse den Erfordernissen der Menschenwürde des gemeinschaftlich untergebrachten Strafgefangenen entspricht.

Deshalb muss dem Kläger jetzt die staatliche Finanzierung für das Klageverfahren gewährt werden.

So LTO.

Handyalarm im Knast

Den Bock zum Gärtner gemacht hat der Freistaat Bayern mit zwei Beamten der JVA Aschaffenburg.

Eigentlich stehen die Strafverteidiger unter dem Generalverdacht der Justiz ihren Mandanten im Knast ständig verbotene Dinge mitzubringen. Deshalb werden Verteidiger bei einem Knastbesuch hochnotpeinlich durchsucht. Bloß kein i-pad mit Simkarte mitnehmen oder gar Zigaretten oder Gummibärchen. All das führt zu einem „Strafrapport“ beim „Zoodirektor“. Die Vordertüre des Knastes ist sicherer als der Zugang zu Fort Knox, in dem ja noch die Goldreserve der USA liegen soll.

Jeder Knast hat aber eine schlecht gesicherte Hintertüre. Das ist der menschliche Faktor.

Schließer vor Gericht

Laut Berichten des Bayerischen Rundfunks stehen zwei Beamte der JVA Aschaffenburg vor dem Schöffengericht beim Amtsgericht Aschaffenburg.

Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten Gefangenen dabei geholfen, Drogen und Handys in das Gefängnis im Stadtteil Strietwald zu schmuggeln. Zu Beginn des Prozesses legte der Jüngere der beiden Angeklagten ein Geständnis ab. Sein 47-jähriger Kollege bestreitet die Vorwürfe.

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Bedroht durch Gefangene

Der geständige Angeklagte gab in der von seinem Anwalt verlesenen Erklärung an, gleich viermal Gefangenen geholfen zu haben, mehrere Pakete in das Aschaffenburger Gefängnis zu schmuggeln. Jedoch habe er das nicht freiwillig und eigennützig getan, sondern wurde von einem Insassen bedroht. Der Gefangene, Mitglied einer Rockervereinigung, drohte dem Beamten, seine Familie würde unliebsamen Besuch bekommen, wenn er bei den illegalen Aktionen nicht mitmachen würde. Der JVA-Beamte ließ sich daraufhin auf den Deal ein und begleitete laut Medienberichten den Gefangenen zum Bereich der JVA, in dem der Müll gelagert wird. Dort gibt es keine Videoüberwachung und es konnten anonym Pakete hinterlegt werden, die von dem Gefangenen in seinem Beisein abgeholt wurden.

Der zweite JVA-Beamte wies laut Pressemitteilungen allerdings alle Vorwürfe zurück. “Er habe nie Handys oder andere unerlaubte Dinge in das Gefängnis eingeschmuggelt”, heißt es. Eine Erklärung, warum er angeschwärzt worden sei, hat der 47-Jährige nicht.

Häftlinge aus Würzburg und Schweinfurt

In der Justizvollzugsanstalt Aschaffenburg sitzen auch immer mal Untersuchungshäftlinge aus Würzburger oder Schweinfurter Verhandlungen ein. Insbesondere dann, wenn es mehrere Verdächtige in einem Fall gibt und diese bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens voneinander getrennt verwahrt werden müssen.

Kein Anschluß unter dieser Nummer

Es heißt, daß die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, “dass in Aschaffenburg zwischen August 2014 und Anfang Februar 2015 ‘in zahlreichen Einzelfällen’ Mobiltelefone in die Justizvollzugsanstalt Aschaffenburg eingeschmuggelt wurden”. Insgesamt wurden 43 Handys sichergestellt. Angeblich sollen die beiden Angeklagten auch für die illegalen Machenschaften bezahlt worden sein. Zudem soll einer der beschuldigten Beamten eine Cannabisplantage in seiner Privatwohnung betrieben haben.

Knast durchsucht

Es wurden die Mobiltelefone und Drogen angeblich bei sogenannten Routinekontrollen der Gefängniszellen gefunden. Es heißt aber auch, dass “ein Insasse der JVA (…) den Ermittlern entsprechende Hinweise gegeben” habe. Daraufhin wurde das Gefängnis von der Polizei mit einer Hundertschaft stundenlang durchsucht und auch Beweismaterial sichergestellt.

 

Briefe aus der Todeszelle

„Die Toedts verbringen zwei Wochen im Kloster Ettal, beten mit den Mönchen. Sie lernen Edwin Erhard kennen, Pfarrer in Hammelburg und ehemaliger Gefängnisseelsorger. Er nimmt sie in seiner katholischen Gemeinde zwischen den Weinbergen im äußersten Norden Bayerns auf. Er macht sie auch mit Ralf aus der JVA Würzburg bekannt, der erste Brieffreund der Toedts.

Ralf hat im Suff einer Silvesternacht seine Frau erstochen. Heute weiß er nicht mehr warum. Den Toedts hat Ralf ein Foto geschickt, zwei blonde Kinder auf seinem Schoß, seine Frau hält ein Neugeborenes in die Kamera. Pfarrer Erhard nahm die Toedts mit zu Ralf ins Gefängnis, durch die Sicherheitsschleusen, zwei mal 45 beklemmende Minuten. Auf der Rückfahrt sprachen sie kein Wort.“

Brieffreundschaft: „Die Gefangenen sind unser Leben“ | ZEIT ONLINE

Bonnie und Clyde-Syndrom

„Gefährliche Liebe im Knast“.

Mit diesem Aspekt beschäftigt sich die Neue Zürcher Zeitung in einem beachtenswerten Artikel in ihrer Ausgabe vom 13.5.2016.

Anlass des Berichts ist das Abenteuer von Angela Magdici und Hassan Kiko. Die Schweizer Gefängnisaufseherin hat in einer Nacht- und Nebelaktion ihren Geliebten Hassan Kiko aus einem schweizer Gefängnis entweichen lassen. Anschliessend flüchteten beide nach Italien, wo sie festgenommen worden waren. Während der wegen zweier Sexualdelikte vorbestrafte und in einem weiteren Fall noch nicht rechtskräftig verurteile Syrer in Italien auf seine Auslieferung in die Schweiz wartet, befindet sich sich die Gefängniswärterin wieder in der Schweiz und auf freiem Fuss. Sie könnte für die Fluchthilfe mit einer bedingten Freiheitsstrafe davonkommen, während sich ihr Geliebter mit dem Ausbruch aus dem Gefängnis nicht strafbar gemacht hat, weil Selbstbegünstigung durch Selbstbefreiung aus behördlichem Gewahrsam auch in der Schweiz nicht geahndet wird. 

«Liebesbeziehungen zwischen Gefängnisangestellten und Gefangen enden fast immer in einer Tragödie – die beiden sind schlicht zu ungleich, als dass die Beziehung bestehen könnte», sagt Philippe Bensimon von der Université de Montréal. Der kanadische Kriminologe hat sich intensiv mit dem in der Fachwelt als  Hybristophilie bezeichneten Phänomen beschäftigt und jüngst darüber eine Studie auf dem Fach­portal «Délinquan­ce, justice et autres questions de société» veröffentlicht http://bit.ly/1rxOH4 m. Seine zentrale Erkenntnis: Solche Romanzen sind weiter verbreitet, als man denkt, trotzdem gehen die Behörden der Problematik lieber aus dem Weg. 

Hybristophilie: 4%

So gross ist laut Schätzungen in den USA der Anteil von Angestellten in Gefängnissen, die sich auf eine Liebesbeziehung mit Gefangenen einlassen.

«Jedes Gefängnis in der westlichen Welt ist davon betroffen, aber die Gefängnisverwaltungen weigern sich, darüber zu reden, dass es amouröse und sogar sexuelle Beziehungen zwischen Angestellten und Gefangen gibt», erklärt Philippe Bensimon. Einigermassen verlässliche Zahlen zur Häufigkeit solcher Beziehungen existieren nur in den USA. In der amerikanischen Gesetzgebung wird der Begriff des sexuellen Fehlverhaltens so breit aufgefasst, dass schon blosse Verliebtheit zwischen Angestellten einer Vollzugsanstalt – seien es Aufseher, Psychologen oder Sozialarbeiter – und Gefangenen darunterfällt und sanktioniert wird.

Um Gefangene zu schützen, werden sexuelle Kontakte gemäss dem Prison Rape Elimination Act von 2003 verfolgt und mit mindestens zwei Jahren Gefängnis bestraft – selbst wenn der Austausch in gegenseitigem Einvernehmen erfolgt. 2006 wurden den Justizbehörden in den USA 60 500 Fälle von sexuellem Fehlverhalten gemeldet – bei einer Gefängnis­popula­tion von 1,6 Millionen Menschen. «In 20 Jahren gab es rund eine Million Fälle», so der Kriminologe Bensimon. 

Auch in Deutschland ist die Gefangenenbefreiung durch § 120 StGB explizit unter Strafe gestellt. Dabei kann – außer dem Flüchtenden selbst – grundsätzlich jeder Täter sein, als auch Mitarbeiter der JVA.

Statistiken hierzu gibt es in Europa keine, Bensimon hat aber rund 300 Fällen zusammengetragen, über die in europäischen und nordamerikanischen Medien zwischen 2005 bis 2015 berichtet wurde. 

«Man kann diese Art von Beziehungen nicht verbieten. Wird aber nicht einmal darüber geredet, bleiben die Probleme bestehen.»

Aus den USA ist auch bekannt, dass aufseiten des Personals mehrheitlich Frauen von dem Phänomen betroffen sind. Letztes Jahr ist eine Studie zum Schluss gekommen, dass an rund drei Vierteln aller Fälle sexuellen Fehlverhaltens weibliche Angestellte beteiligt sind, obwohl diese nur einen Drittel des Gefängnispersonals ausmachen. Dieser Umstand hat laut Bensimon damit zu tun, dass in den therapeutischen Bereichen von Gefängnissen, etwa bei der psychologischen oder sozialtherapeutischen Betreuung von männlichen Gefangenen häufiger Frauen als Männer tätig sind. «Ich denke nicht, dass die Frauen generell anfälliger sind, aber die Situation in einem Gefängnis lässt sich mit nichts vergleichen», sagt der erfahrene Kriminologe. Unter Gefangenen herrsche ein «hypersexualisiertes Milieu», in dem Frauen geradezu vergöttert würden. «Führt eine Gefängnisangestellte ein normales, emotional ausgeglichenes Leben, lässt sie sich davon nicht berühren. Hat sie aber persönliche Probleme, ist sie im Kontext eines Gefängnisses besonders gefährdet.» Philippe Bensimon wirft den Gefängnisverwaltungen vor, sie würden das Thema auch deshalb lieber nicht anschneiden, weil sie wegen des grösseren Frauenanteils aufseiten der beteiligten Angestellten Angst hätten, sich dem Vorwurf des Sexismus auszusetzen. 

«Ist man im Justizvollzug während Jahren mit einem Gefangenen konfrontiert, ist es völlig normal, dass sich eine gewisse Empathie entwickelt», sagt Bensimon. «Man muss sich dessen jedoch bewusst sein und damit umgehen können.» Der Kriminologe verlangt deshalb, dass die persönliche Eignung des Personals bei der Rekrutierung besser geprüft und das Thema «Beziehungen mit Gefangenen» in der Ausbildung endlich explizit angesprochen werde. «Man kann diese Art von Beziehungen nicht verbieten – das ist unmöglich. Wird aber nicht einmal darüber geredet, bleiben die Probleme bestehen», sagt Bensimon.

http://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/wissen-gefaehrliche-liebe-im-knast-ld.82387

Besuch – Geld – Post

 

  • Besuch in Untersuchungs- und Strafhaft
  • Briefe und Pakete
  • Geldüberweisungen und Telefonate

Wird ein Haftbefehl gegen einen Verdächtigen vollstreckt, kommt er in Untersuchungshaft. Bei einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung in Strafhaft.

In Würzburg werden diese in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg vollzogen.

Die Anordnung von Untersuchungshaft geschieht meist für alle Beteiligten plötzlich und unerwartet. Und es weiß auch keiner so genau, wann sie wieder aufhört. Die Betroffenen werden unvorbereitet aus ihren Familien und ihrer Umgebung gerissen. Häufig erleben neu Inhaftierte gerade die ersten Stunden und Tage als ungeheure Belastung. Es kommt zum sog. Haftschock.
Für Angehörige stellt sich die Frage: Wie kann dem Inhaftierten schnell geholfen werden?

1. Anwalt informieren, der den Betroffenen schnell in der Haft besucht

Nach der Festnahme braucht der Betroffene schnell jemanden, dem er vertrauen kann. Angehörige oder Freunde sollten daher so schnell wie möglich einen Rechtsanwalt für Strafrecht beauftragen, damit dieser den Inhaftierten besuchen kann. Wenn dann ein Vertrauensverhältnis zu dem Inhaftierten besteht, kann der Anwalt einen Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger stellen, damit der Betroffene auch im Strafverfahren vertreten ist.

Ein Anwalt kann zudem – soweit es seine Berufspflichten zulassen – als Mittler zwischen seinem Mandanten und der Familie des Betroffenen agieren. Denn die Familien sind meist ebenso geschockt von der Situation und benötigen ebenfalls Beistand.

Zudem teilt der Verteidiger den Angehörigen die sog. Buch-Nummer des Inhaftierten mit und kümmert sich um eine Besuchserlaubnis (sog. Sprechschein)

2. Besuch eines Gefangenen in Haft

Hier ist der Zeitraum vor und nach dem rechtskräftigen, vollziehbaren Urteil zu unterscheiden. Ein bayerischer Untersuchungshäftling darf mindestens zwei Stunden im Monat empfangen. Die Zeit kann aufgeteilt werden (z.B. 4x 30 min wöchentlich).

Art. 15 BayUVollzG

Ein Strafgefangener darf mindestens eine Stunde Besuch im Monat erhalten (siehe auch BayStVollzG, Art. 27).

Art. 27 BayStVollzG

Genau geregelt ist der Besuch in der jeweiligen Hausordnung der Haftanstalten. 
In bestimmten Fällen besteht die Möglichkeit zusätzlicher Sonderbesuche, die bei der Anstaltsleitung beantragt werden müssen. Zulässig sind bis zu drei Personen pro Besuch. Kinder unter 14 Jahren dürfen nur in Begleitung eines Erwachsenen kommen. Die Besuche werden durch die JVA überwacht.
Genaue Informationen zu den Besuchszeiten der einzelnen bayerischen Justizvollzugsanstalten finden Sie auf www.justizvollzug-bayern.de unter Anstalten.

Besuch eines Gefangenen in Untersuchungshaft
Zusätzlich zu den allgemeinen Besuchsbestimmungen für die Strafhaft, muss der Angehörige eines Untersuchungshäftlings eine Besuchserlaubnis beim zuständigen Untersuchungsrichter beantragen.
 Bei Verdacht auf Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetzes wird der Besuch nur mit Trennscheibe gestattet.

3. Kleidung vorbeibringen – keine sonstigen Gegenstände

Untersuchungshäftlinge haben das Recht, ihre eigene Kleidung zu tragen. Sie gelten als unschuldig und müssen daher nicht in Anstaltskleidung herumlaufen, ausser sie sind drogenabhängig oder wegen des Verdachts eines Drogendelikts in Haft.
Die Kleidung muss dem Betroffenen aber beschafft werden. Sie muss in der JVA vorbeigebracht werden (unter Angabe des Namens/der Buch-Nummer des Inhaftierten).
Ein örtlich ansässiger Verteidiger kann hierzu beraten oder Sie rufen in der jeweiligen JVA an.

4. Geldeinzahlung für den Einkauf in der JVA

Im Gefängnis gibt es die Möglichkeit Dinge des täglichen Bedarfs zu kaufen.

Der Untersuchungshäftling kann über seinen Einkauf in der JVA frei bestimmen.

In der Strafhaft können diese vom Hausgeld bezahlt werden (BayStVollzG, Art. 50). Zudem besteht in Strafhaft die Möglichkeit des Sondereinkaufs zu Ostern oder Weihnachten.

Pakete können an den Gefangenen nicht geschickt werden.

Bei allen Überweisungen muß der Name und das Geburtsdatum des Empfängers, die JVA, sowie eine bestimmte Zweckbindung angegeben werden.
 Genaueres ist über die Zahlstelle der Anstalt zu erfahren.

Es ist nicht zulässig dem Gefangenen direkt zu geben. Eine Einzahlung ist anlässlich des Besuchs möglich.

Jeder Häftling hat allerdings ein sog. Haftkonto, auf das Geld überwiesen, beim Besuch oder vom Anwalt direkt eingezahlt werden kann. Die Höhe des Betrags ist nicht begrenzt.

Bei der Überweisung sollten Sie unbedingt Namen, Vornamen und (wenn Sie sie kennen) die Buch-Nr. des Inhaftierten angeben. Der Name sollte aber ausreichen.

Von diesem Geld kann der Betroffene im sog. Einkauf in der Haftanstalt Dinge des täglichen Bedarfs erwerben, was von den Inhaftierten als große Erleichterung empfunden wird.

In Bayern ist das Geld auf folgendes Konto zu überweisen:

Landesjustizkasse Bamberg

IBAN DE34 7005 0000 0002 0249 19

BIC BYLADEMMXXX.

5. Sprechschein beantragen und Besuchstermin vereinbaren

Der Besuch von Angehörigen oder Freunden ist für jeden Inhaftierten eine gute Ablenkung vom tristen Haftalltag. Diese Abwechslung ist rar, denn die Gefangenen dürfen nur zweimal im Monat für 60 Minuten Besuch bekommen.

Wichtig ist, dass Sie auf der Besucherliste des Inhaftierten stehen. Auch hier kann Ihnen ein ortsansässiger Strafverteidiger helfen.

Bei Verdacht auf Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetzes wird der Besuch nur mit Trennscheibe gestattet. Evtl. nur mit polizeilicher Überwachung.

Sofern dem Inhaftierten, wie in Bayern üblich, Beschränkungen auferlegt wurden (das kann ein Anwalt für Sie klären), ist es vor einem Besuch in der JVA notwendig, einen sog. Sprechschein zu beantragen.

Diesen stellt die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht aus.

Gerne beantragt auch Ihr Anwalt eine Sprecherlaubnis.

Sodann sollten sich die Angehörigen oder Freunde rechtszeitig um einen Besuchstermin bemühen. Das muss zunächst telefonisch beim Besuchsdienst der Haftanstalt geschehen. Erst dann kann bei vollzogener U-Haft ein Sprechschein beim zuständigen Ermittlungsrichter beantragt werden. In Würzburg erreichen Sie den Besuchsdienst der JVA Würzburg unter Telefonnummer:

0931/27020.

Die Termine sind stark begrenzt und sehr begehrt. Kümmern Sie sich also rechtzeitig um einen Termin.
Bringen Sie zu dem Termin unbedingt ein Ausweisdokument mit. Vorteilhaft wäre auch Bargeld von 15 EUR, denn damit können Sie für den Inhaftierten aus dort vorhandenen Automaten Nahrungs- und Genussmittel erwerben und an ihn übergeben lassen.

Seien Sie unbedingt pünktlich!

6. Post: Briefe und Pakete

Briefe:
In der Untersuchungshaft werden alle Briefe durch den Ermittlungsrichter kontrolliert, der auch entscheidet, ob die Post weitergeleitet werden darf. So dauert es in der Regel bis zu 2 Wochen, ehe die Briefe ankommen. Verteidigerpost darf nicht kontrolliert werden.

In der Strafhaft überprüft die Anstaltsleitung die Post.

Briefmarken können Sie den Briefen in kleinen Mengen beilegen, es empfiehlt sich dies im Brief zu vermerken (Art. 31 – 34 BayStVollzG).

Pakete (Art. 36 BayStVollzG):
 Der Empfang von Paketen ist in Bayern nur noch nach vorheriger Genehmigung durch die Anstaltsleitung der JVA möglich. 
Vor der Aushändigung eines Paketes wird dieses auf unerlaubte Gegenstände überprüft. Nahrungs- und Genussmittel sind dabei grundsätzlich ausgeschlossen.
 Auch das Versenden von Paketen durch den Gefangenen muss vorher genehmigt werden.

Nahrungs- und Genussmittel (bspw. Zigaretten) können Sie bei einem Besuch nicht selbst mitbringen.

7.  Telefonate

Ein Untersuchungsgefangener darf nur mit einer Genehmigung des zuständigen Untersuchungsrichters telefonieren.
 Auch in der Strafhaft werden Telefonate meist nur in begründeten Ausnahmefällen erlaubt (BayStVollzG, Art. 35).

Meiner Erfahrung nach benötigen auch immer die Angehörigen und Freunde von Gefangenen Hilfe beim Umgang mit der sehr belastenden Situation. Auf Strafrecht spezialisierte Rechtsanwälte können diese Hilfe leisten.

Gerne stehe auch ich Ihnen hierfür zur Verfügung!

 

Der „dümmste Staatsanwalt der Welt, der schielt, zu klein ist …..“

so hat ein in Haft sitzender Lebemann den gegen ihn tätig gewordenen bayerischen Staatsanwalt in einem Brief aus der JVA bezeichnet.

Die Reaktion des Amtsgerichts Augsburg: 60.000 € Geldstrafe.

Das tat weh. Deshalb Berufung. Das Landgericht hat die Sache nochmal bedacht und kam nun zu dem Ergebnis: Freispruch.

In der Urteilsbegründung hat es ausgeführt, dass der Brief mit seinem Inhalt nur für eine Person, dem Empfänger, bestimmt war und nicht für die Öffentlichkeit und somit der Tatbestand der Beleidigung nicht erfüllt ist.

Zudem hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Briefzeilen „definitiv keine Schmähkritik“ darstellen.

Da haben Richter Rückgrat bewiesen.

Zum Inhalt von Briefen an Gefangene habe ich bei der Recherche einen interessanten Artikel gefunden. Hier der Link.