Zeitschriftenverbot im Knast?

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Strafgefangenen in Nordrhein-Westfalen dürfen legale Zeitschriften nicht vorenthalten werden. Ein Gefängnis im Ruhrgebiet wollte einem Inhaftierten das „gefangenen info“ nicht aushändigen, weil die Zeitung generell zu kritisch und angeblich diffamierend über den Strafvollzug berichte.

Der im Jahre 1977 geborene Betroffene verbüßt eine Haftstrafe in einer im Ruhrgebiet gelegenen Justizvollzugsanstalt. Seit Anfang des Jahres 2015 bezog der Betroffene die acht Mal jährlich erscheinende Zeitschrift “gefangenen info”. Diese Zeitschrift entwickelte sich aus der Zeitschrift “Angehörigen Info”, die wiederum aus der zu Zeiten inhaftierter RAF-Terroristen gegründeten Zeitschrift “Hungerstreik Info” hervorgegangen ist. In der etwa 20 bis 30-seitigen Zeitschrift “gefangenen info” werden regelmäßig Themen wie (Solidaritäts-) Hungerstreiks, “Isolationshaft”, Unterbringungen im “Bunker”, Maßnahmen einzelner Justizvollzugsanstalten und/oder bestimmter Bediensteter, Haftbedingungen, Missstände, Prozessberichte sowie die Straftatbestände über die Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen (§§ 129 ff StGB) erörtert.
Das Oberlandesgericht Hamm legt in seinem Beschluss vom 10.5.2016 das Strafvollzugsgesetz anders aus. Danach dürfen Publikationen nur dann grundsätzlich zurückgehalten werden, wenn ihre Verbreitung insgesamt mit Strafe oder Geldbuße bedroht sei. Sei das Blatt nicht verboten, müsse die Anstalt im Zweifel jede Ausgabe prüfen und entscheiden, ob sie das Vollzugsziel bzw. die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet (Aktenzeichen 1 Vollz (WS) 1/16).

http://www.gefangenen.info/

Strafvollstreckungskammer von Innen

Ein Berliner Strafrichter berichtet unter anderem von seiner Erfahrung aus der Strafvollsteckungskammer.

„Ulf ist Richter in Berlin und zwar ein ziemlicher ungewöhnlicher. Er engagiert sich im Chaos Computer Club, entwickelt Software und schreibt für netzpolitik.org. Nicolas fragt ihn, wie es ist, Menschen zu verurteilen und über Recht und Unrecht zu entscheiden. Ulf gibt außerdem Einsicht in das Leben von Gefängnisinsassen und in die allgemeinen Anforderungen an den Beruf des Richters.“

Ich kann niemanden raten, sich mit seinem Gefängnis anzulegen.

Mehr Platz im Hühnerkäfig

Sind 4 qm Haftraum für einen Strafgefangenen genug?

Einem Häftling, der wegen seiner Meinung nach menschenunwürdigen Haftbedingungen gegen den Freistaat Bayern vor Gericht gehen will muß nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Verfahrenskostenhilfe für seinen Schadensersatzprozess bewilligt werden.

Der Mann befand sich mit drei weiteren Gefangenen über einen Zeitraum von etwa sechs Monaten in Strafhaft. Er behauptete, in zwei identisch beschaffenen Hafträumen untergebracht gewesen zu sein, die jeweils eine Gesamtgrundfläche von 16 Quadratmeter und eine vom übrigen Haftraum baulich abgetrennte Toilette aufgewiesen hätten. Unter Berufung auf menschenunwürdige Haftbedingungen beantragte er die Bewilligung von PKH für seine Schadenersatzklage gegen den Freistaat.

Die Frage ab wann die räumlichen Verhältnisse in einem Haftraum die Menschenwürde eines Gefangenen verletzten ist bis heute höchstrichterlich nicht geklärt.

Menschenrecht verletzt?

So setzt die obergerichtliche Rechtsprechung – wie das Oberlandesgericht München selbst herausstellt – bei mehrfach belegten Hafträumen zum Teil Regelwerte von 6 qm, zum Teil auch von 7 qm Bodenfläche pro Gefangenen an. Deren Unterschreitung wird zum Teil als Verletzung der Menschenwürde beurteilt, wenn zugleich die Toilette nicht abgetrennt beziehungsweise nicht gesondert entlüftet ist. In anderen Fällen haben Fachgerichte eine Verletzung der Menschenwürde unabhängig hiervon allein wegen der Unterschreitung eines gewissen Bodenflächenmaßes bejaht. Die räumliche Enge erlaube eine Bewegung und Entfaltung der Gefangenen nicht.

Die Oberlandesgerichte Hamm und Düsseldorf setzen einen fixen Schwellenwert von 5 qm Grundfläche pro Gefangenen an, dessen Unterschreitung ungeachtet anderer Parameter eine Menschenwürdeverletzung darstellt.

Bezüglich der Unterbringung in einem Einzelhaftraum hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin eine längere Unterbringung in einem 5,25 qm messenden Einzelhaftraum ohne abgetrennte Toilette als Verstoß befunden. Es hat das Hauptaugenmerk auf die beengte Haftsituation gelegt.

Somit ist nicht geklärt, dass und unter welchen Umständen eine Haftraumfläche wie hier von etwa 4 pro Mitinsasse den Erfordernissen der Menschenwürde des gemeinschaftlich untergebrachten Strafgefangenen entspricht.

Deshalb muss dem Kläger jetzt die staatliche Finanzierung für das Klageverfahren gewährt werden.

So LTO.